Die Patientenverfügung – ein Institut der eigenen Vorsorge, die das Recht auf Selbstbestimmung stärkt

 

MLaw Nadine Grieder, Advokatin

 

Mit der Revision des Kindes- und Erwachsenenschutzrechtes per 1. Januar 2013 wurde unter anderem das Selbstbestimmungsrecht natürlicher Personen durch die Möglichkeit der eigenen Vorsorge gestärkt. Dazu gehören sowohl der Vorsorgeauftrag als auch die Patientenverfügung. Diese beiden auftragsbezogenen Institute der eigenen Vorsorge sind Ausdruck des Rechts auf Selbstbestimmung und nehmen in der heutigen Zeit einen sehr hohen Stellenwert ein, da damit das Selbstbestimmungsrecht über die Zeit der eigenen Urteils- und Handlungsfähigkeit hinaus gewahrt werden kann.

Mit der Patientenverfügung, welche in den Artikel 370 ff. ZGB geregelt ist, kann die vorsorgende Person für den Fall ihrer Urteilsunfähigkeit Anordnungen in Bezug auf künftige medizinische Massnahmen treffen.

Da das Ausfüllen einer Patientenverfügung meistens keine leichte Sache ist – muss man sich doch mit dem Thema der Endlichkeit des Lebens und der eigenen Werthaltung auseinandersetzen – sollen die folgenden Ausführungen der besseren Verständlichkeit dienen und eine Übersicht über das Institut der Patientenverfügung bieten.

Die Vorsorge treffende Person kann in der Patientenverfügung einerseits festlegen, welchen medizinischen Massnahmen sie in einer bestimmten Situation zustimmt und welche Massnahmen sie ablehnt. Sie kann auch Gesichtspunkte benennen, die von den behandelnden Ärzten und/oder dem gesetzlichen Vertreter bei der Ermittlung des mutmasslichen Willens zu berücksichtigen sind. Die vorsorgende Person kann aber auch eine andere natürliche Person bestimmen, welche dereinst für sie über die zu treffenden medizinischen Massnahmen entscheidet, wenn sie selber dazu nicht mehr in der Lage ist. Auch hier kann durch Weisungen oder Wünsche konkretisiert werden, welche Grundsätze die bezeichnete Person bei der Entscheidung zu beachten hat. Fehlen solche Weisungen, entscheidet der Vertreter nach dem mutmasslichen Willen und den Interessen der urteilsunfähigen Person. Es ist zu empfehlen, zusätzlich eine Ersatzperson zu bezeichnen für den Fall, dass die erstgenannte Person aus irgendeinem Grund ihre Aufgabe nicht wahrnehmen kann. Diese beiden Varianten der Formulierung einer Patientenverfügung können auch miteinander kombiniert werden. Soweit die Patientenverfügung neben der Bezeichnung eines Vertreters auch konkrete Anordnungen enthält, gehen diese den Entscheidungen des Vertreters vor.

Kernpunkte einer jeden Patientenverfügung sind die Themen Schmerzlinderung und lebenserhaltende Massnahmen. Dabei werden idealerweise die gewünschten bzw. die nicht gewünschten medizinischen Massnahmen für eine spezifische Behandlungs- bzw. Krankheitssituationen definiert. Daneben können in der Patientenverfügung aber auch die Wünsche betreffend Organspende, Obduktion oder Bestattung geäussert werden.

Die Patientenverfügung setzt für die Errichtung nur Urteilsfähigkeit und nicht volle Handlungsfähigkeit voraus. Dementsprechend kann auch eine minderjährige oder eine unter umfassender Beistandschaft stehende Person eine Patientenverfügung errichten, wenn sie diesbezüglich urteilsfähig ist.

Formrichtig erstellt ist die Patientenverfügung dann, wenn sie schriftlich verfasst wurde und den eigenen Willen in einem Textdokument festhält (welches allerdings nicht eigenhändig niedergeschrieben zu sein braucht), datiert und unterzeichnet wurde. Folglich kann auch eine Mustervorlage benutzt werden. Die Patientenverfügung unterliegt damit weniger strengen Formvorschriften als der Vorsorgeauftrag.

Da die Patientenverfügung ihre Wirkung nur entfalten kann, wenn sie im massgeblichen Zeitpunkt bekannt ist, ist es sinnvoll, die Tatsache und den Hinterlegungsort der Patientenverfügung auf der von den Krankenversicherern erstellten Versicherungskarte eintragen zu lassen. Zusätzlich dazu ist auch eine Hinweiskarte im Kreditkartenformat nützlich, die dieselben Informationen enthält und beispielsweise im Portemonnaie aufbewahrt werden kann. Der behandelnde Arzt ist, ausser in dringlichen Fällen, dazu verpflichtet, anhand der Versichertenkarte abzuklären, ob eine Patientenverfügung vorliegt oder nicht. Hat man sich in seiner Patientenverfügung für die Organspende entschieden, so macht es ebenfalls Sinn, seinen Organspenderausweis stets auf sich zu tragen.

Anders als beim Vorsorgeauftrag kommt der Erwachsenenschutzbehörde eine wesentlich geringere Rolle zu. Sie handelt nur auf schriftlichen Antrag einer nahestehenden Person oder von Amtes wegen, wenn Anhaltspunkte dazu bestehen, dass die behandelnden Ärzte der Patientenverfügung nicht entsprechen oder die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet sind.

Wie der Vorsorgeauftrag ist die Patientenverfügung jederzeit widerrufbar, entweder durch schriftlichen Widerruf oder durch Vernichtung des Dokuments. Generell empfiehlt es sich, die Patientenverfügung in regelmässigen Abständen zu kontrollieren und gegebenenfalls zu erneuern resp. anzupassen. Sinnvollerweise soll die eigene Patientenverfügung alle sechs Monate neu datiert und unterzeichnet werden, da dies dem behandelnden Arzt bzw. dem Vertreter die Gewissheit gibt, dass der Wille ein aktueller ist.

Zwar finden sich im Internet zahlreiche Muster bzw. Vorlagen verschiedenster Art und Komplexität von Patientenverfügungen; es mag sich aber lohnen, einen Anwalt oder Notar zu konsultieren, da wir über eine breite Erfahrung in der Erstellung solcher Dokumente verfügen, individuell beraten können und ein übersichtliches, einfach zu handhabendes Muster für Sie erarbeitet haben.

Unsere Kanzlei macht Sie gerne mit der von uns erarbeiteten und empfohlenen Vorlage vertraut.

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