Gut bedacht ist halb gewonnen

Gabrielle Bodenschatz, Advokatin, Fachanwältin SAV Familienrecht, Mediatorin SAV und Collaborative Lawyer

Bei Ehe- und Scheidungsverfahren im internationalen Verhältnis, aber auch in der Schweiz selbst, kommt es häufig vor, dass den Parteien eine Vielzahl verschiedener (auch alternativer) Gerichtsstände zur Verfügung stehen. Je nach Gerichtsstand kann dann wiederum eine unterschiedliche Rechtsordnung zur Anwendung gelangen. Das bewusste Ausnutzen mehrerer nebeneinander bestehender rechtmässiger Zuständigkeiten durch eine Partei im Einzelfall um rechtlicher und tatsächlicher Vorteile willen – das sog. Forum Shopping – gehört daher zu einer umsichtigen Prozessplanung. Gerade bei Klagen und Massnahmen betreffend güterrechtliche Verhältnisse gegenüber einem Beklagten mit Wohnsitz im Ausland resultieren im Ehe- und Scheidungsrecht weitreichende Möglichkeiten für ein internationales Forum Shopping.

Führen Sie sich etwa die folgenden Konstellationen vor Augen:

  • Die Ehefrau ist US-Amerikanerin und wohnt in Deutschland. Der Ehemann ist Schweizer und wohnt in der Schweiz. In den ersten Ehejahren wohnte das Paar in der Schweiz; in den letzten Jahren hatten sie zusammen in Deutschland gelebt. Der Ehemann hat Vermögen in die Ehe eingebracht, das während der Ehe stark an Wert zugenommen hat. Die Parteien haben die Wahl die Scheidung entweder in Deutschland oder in der Schweiz einzureichen. Die Parteien haben keinen Ehevertrag abgeschlossen. Aus Deutscher Rechtssicht unterstehen die Parteien dem Schweizer Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, aus Schweizer Rechtssicht leben die Parteien im deutschen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Nach deutschem Güterrecht partizipiert die Ehefrau am gestiegenen Wert des Vermögens, nach Schweizer Güterrecht partizipiert die Ehefrau nicht am gestiegenen Wert. Was folgt daraus? Die Ehefrau sollte das Scheidungsgesuch in der Schweiz rechtshängig machen, der Ehemann in Deutschland.
  • Die Ehegatten sind Deutsch-schweizerische Doppelbürger. Der Ehemann ist Unternehmer mit Wohnsitz in der Schweiz. Die Parteien haben zwei erwachsene Kinder. Die Ehefrau war während der Dauer Ehe nicht erwerbstätig. Sie kehrte nach der Trennung nach Deutschland zurück. Die Ehegatten haben bei Heirat einen deutschen Ehevertrag abgeschlossen, in welchem sie den Versorgungsausgleich und den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ausgeschlossen haben. Was folgt daraus? Der Ehemann sollte die Scheidung in Deutschland und die Ehefrau in der Schweiz einreichen, denn ein solcher Ehevertrag ist aus Schweizer Sicht nicht verbindlich.
  • Die Ehegatten sind französisch-schweizerische Doppelbürger. Die Ehefrau wohnt in Frankreich und der Ehemann in der Schweiz. Die Ehe hat 20 Jahre gedauert, ist aber kinderlos geblieben. Die Ehefrau gab ihre Erwerbstätigkeit in Anbetracht der guten Einkommensverhältnisse des Ehemannes bei der Heirat auf. Was folgt daraus? Der Ehemann sollte die Scheidung in Frankreich einreichen und die Ehefrau in der Schweiz. Die Ehefrau wird in Frankreich lediglich eine Kapitalabfindung für den Unterhalt erhalten, die weit unter den Schweizer Ansprüchen liegt. Die Schweizer Vorsorge wird in Frankreich nicht geteilt, hier muss die Ehefrau in der Schweiz auf Ergänzung des französischen Scheidungsurteils klagen, was mit Aufwand und Kosten verbunden ist.
  • Die Ehegatten sind Deutsche und vor 10 Jahren in die Schweiz gezogen. Sie haben in der Schweiz eine Liegenschaft, zunächst auf den alleinigen Namen der Ehefrau erworben. Ein Jahr später schenkte die Ehefrau dem Ehemann einen hälftigen Anteil an der Liegenschaft. Die Parteien trennen sich und der Ehemann kehrt nach Deutschland zurück, während die Ehefrau in der Schweiz bleibt. Was nun? Hier sollte die Ehefrau in Deutschland klagen, denn als ehebedingte Schenkung wird diese mit der Scheidung hinfällig, während diese bei Scheidung in der Schweiz ins Eigengut des Ehemannes fällt und damit dem Ehemann bei Scheidung ungeteilt verbleibt.

 

Derartige Konstellationen stellen die Parteien vor verschiedene Probleme strategischer und juristischer Natur. So sind auch Anwälte oft verpflichtet zu überlegen, welches dieser Gerichte für den Klienten den günstigsten Gerichtsstand bildet, denn es kann für den Ausgang eines Prozesses entscheidend sein, ob man das Gericht in der Schweiz oder im Ausland anruft. Unsere Kanzlei verfügt über ausgewiesene Spezialisten im Fachbereich internationales Recht, die Ihnen gerne mit Rat und Tat bei solchen Konstellationen zur Verfügung stehen.

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