Steuern und Nachlassplanung – was es zu beachten gilt
Claudia Stehli, Advokatin und Notarin, Basel
Im Zusammenhang mit der Beratung im Bereich der Nachlassplanung, aber auch der Nachlassabwicklung lässt sich in der anwaltlichen und notariellen Praxis häufig beobachten, dass steuerrechtliche Folgen insbesondere von nicht juristisch versierten oder beratenen Laien gänzlich ausser Acht gelassen werden. Je nach Fallkonstellation kann dies zu einer erheblichen Verwässerung der eigentlich gewünschten Rechtsfolgen führen mit der Konsequenz, dass gewünschte Begünstigungen nur schwer oder – schlimmstenfalls – gar nicht umgesetzt werden können. Im Folgenden sollen daher ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige Beispiele in Kürze aufgezeigt werden, warum Steuern unbedingt in die Überlegungen immer mit einzubeziehen sind:
Eine Nachlassplanung beinhaltet nicht in jedem Fall ausschliesslich Anordnungen auf den Tod hin. Vielmehr ist bei einer Nachlassplanung stets auch zu hinterfragen, ob allenfalls lebzeitige unentgeltliche Vermögensübertragungen Sinn machen können, dies insbesondere an eigene Nachkommen. Häufig stellen sich in der Praxis solche Fragen im Zusammenhang mit Liegenschaften, welche zu Lebzeiten an die eigenen Nachkommen übertragen werden sollen. Ein solches Vorgehen ist vielseitig begründbar. Nicht vergessen werden dürfen dabei aber insbesondere die sogenannten Grundstückgewinnsteuern. Diese werden beispielsweise im Kanton Basel-Stadt bei Eigentumsübertragungen an Nachkommen nicht per se aufgeschoben, sondern nur im Falle einer schenkungsweisen Übertragung. Zu den Schenkungen gehören dabei auch sogenannte «gemischte Schenkungen», bei welchen der Beschenkte zwar eine gewisse Gegenleistung erbringt, jedoch der Schenkungsanteil noch immer überwiegt. Eine solche Gegenleistung stellt auch die Übernahme der auf einer Liegenschaft lastenden Hypothekarschulden oder die – in der Praxis häufige – Einräumung eines Wohnrechts oder einer Nutzniessung durch den Beschenkten zugunsten des Schenkers dar. Je nach Höhe der Schuldpflicht, welche vom Beschenkten übernommen wird, und Bewertung der Nutzniessung bzw. des Wohnrechts, kann sich ergeben, dass keine gemischte Schenkung mehr vorliegt und daher Grundstückgewinnsteuern ausgelöst werden, welche vom übertragenden Teil zu bezahlen sind. Allenfalls und je nach der Höhe des Gewinns kann dies zu erheblichen finanziellen Belastungen des Schenkers führen.
Selbst wenn eine Schenkung bzw. gemischte Schenkung bejaht wird, was von Kanton zu Kanton unterschiedlich beurteilt wird, sind die Grundstückgewinnsteuern jedoch noch immer von wesentlicher Bedeutung. Diese nämlich entfallen in einem solchen Fall nicht gänzlich, sondern werden lediglich aufgeschoben: Bei einer späteren Veräusserung der Liegenschaft durch den Beschenkten wird die aufgeschobene Grundstückgewinnsteuer sozusagen aktiviert und hat dann der Beschenkte sich den gesamten Gewinn anrechnen zu lassen berechnet anhand der ursprünglichen Erwerbskosten des Schenkers. Der Beschenkte übernimmt daher auch eine latente Steuerschuld. Gleich verhält es sich, wenn ein einzelner Erbe im Zuge der Erbteilung eine Liegenschaft zu Alleineigentum übernimmt. Auch bei Erbgang und Erbteilung nämlich wird die Grundstückgewinnsteuer aufgeschoben. Daher sind die bei einem übernehmenden Erben die im Falle einer späteren Veräusserung der Liegenschaft anfallenden Grundstückgewinnsteuern als sogenannt «latente» Steuern zu berücksichtigen, was zu einem entsprechend reduzierten Anrechnungswert führt bzw. führen muss.
Nur am Rande ist auch zu erwähnen, dass beispielsweise im Kanton Basel-Stadt Schenkungssteuern bei Schenkungen an Nachkommen entfallen. Im umgekehrten Fall jedoch, also bei Schenkungen von den Nachkommen an die Eltern, sind von den Eltern Schenkungssteuern zu bezahlen. Es sind daher immer die konkreten Umstände umfassend zu überprüfen, soll bereit zu Lebzeiten eine namhafte Schenkung an die Nachkommen erfolgen.
Gut zu überlegen ist auch immer, ob eine Liegenschaft zu Lebzeiten an mehrere Nachkommen gemeinsam übertragen werden soll. Soll zu einem späteren Zeitpunkt nämlich die Liegenschaft von einem dieser Nachkommen allein übernommen werden, fallen dann je nach Kanton Handänderungssteuern und weitere Notariatskosten an, welche bei einer Erbteilung wegfallen.
Bei von Laien ausgearbeiteten Testamenten häufig auch festzustellen ist, dass die je nach Kanton allenfalls erheblichen Erbschaftssteuern bei Anordnungen auf den Tod hin vollkommen unberücksichtigt bleiben. Vergessen geht dabei, dass nicht nur Erben, sondern auch die Vermächtnisnehmer Erbschaftssteuern zu bezahlen haben, sofern Sie aufgrund der nahen Verwandtschaft nicht von der Erbschaftssteuer befreit sind. Ist es daher der Wunsch, einer der Erbschaftssteuer unterliegenden Person ein Vermächtnis in der Höhe eines bestimmten Geldbetrages zu vermachen und soll dieser Betrag nicht durch eventuelle Erbschaftssteuern geschmälert werden, so muss in einem Testament zwingend auch festgehalten werden, dass die auf dieses Vermächtnis anfallenden Erbschaftssteuern aus dem Nachlass zu bezahlen sind. Dies führt zwar dazu, dass das Vermächtnis um jenen Steuerbetrag erhöht wird, der Vermächtnisnehmer aber tatsächlich den vollen Betrag zur freien Verfügung erhält.
Auch wenn einer Person kein Geldbetrag, sondern ein Gegenstand, wie beispielsweise ein Auto oder eine Liegenschaft, vermacht werden soll, so ist immer auch dafür zu sorgen, dass die damit verbundenen Erbschaftssteuern sichergestellt sind bzw. bezahlt werden können. Bleiben die Erbschaftssteuern unberücksichtigt, so kann dies auch dazu führen, dass ein Vermächtnisnehmer sich in der unglücklichen Situation befindet, das Vermächtnis ausschlagen zu müssen, weil die Erbschaftssteuern nicht finanziert werden können, bzw. der Gegenstand veräussert werden muss, was vom Erblasser gerade nicht gewünscht ist.
In Patch-Work-Familien wiederum ist es häufig der Wunsch der in zweiter Ehe verheirateten Ehegatten, die jeweiligen Kinder aus erster Ehe und die gemeinsamen Kinder vollkommen gleich zu behandeln. Die Ehegatten wünschen dabei, den überlebenden Ehegatten beim Erstversterben des anderen Ehegatten maximal zu begünstigen und alle Kinder erst beim Zweitversterben des überlebenden Ehegatten zum Zuge kommen zu lassen. Auch hier ist zu bedenken, dass nur die eigenen Nachkommen von der Erbschaftssteuer befreit sind, nicht jedoch die Stiefkinder, welche je nach Kanton lediglich von einem reduzierten Erbschaftssteuersatz profitieren.
Bereits diese einzelnen Beispiele und Überlegungen zeigen, dass sowohl in der Nachlassplanung als auch bei der Nachlassabwicklung unbedingt auch die Steuerfolgen in die Gesamtüberlegungen mit einzubeziehen sind. Ansonsten entsprechen die getroffenen Nachlassregelungen unter Umständen nicht dem tatsächlichen letzten Willen, was durch entsprechende Anordnungen werden kann. Um Überraschungen zu vermeiden, empfiehlt es sich daher selbst in einfach scheinenden Fällen, frühzeitig eine Anwältin und/oder Notarin zu konsultieren.