Die Säule 3a und ihre erbrechtliche Bedeutung

Claudia Stehli

Die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge in der Schweiz basiert bekanntlich auf drei Säulen: der (staatlichen) Alters-, Hinterlassenen-und Invalidenversicherung (AHV) als 1. Säule, der beruflichen Vorsorge (BVG) als 2. Säule und der privaten Vorsorge als 3. Säule. Dabei spielen die 1. und 2. Säule erbrechtlich insofern keine Rolle, als die in diesen Versicherungen angesparten Guthaben bzw. Ansprüche unstreitig und gemäss klarer gesetzlicher Regelung nicht in den Nachlass des Verstorbenen fallen und daher nicht den erbrechtlichen, sondern spezialgesetzlichen Regeln unterstehen.

Anders hingegen verhält es sich in Bezug auf die Guthaben bzw. Ansprüche aus der 3. Säule. Zu unterscheiden ist dabei zwischen der gebundenen Vorsorge (Säule 3a) und der freien Vorsorge (Säule 3b), wobei die erbrechtliche Behandlung der freien Vorsorge in Lehre und Rechtsprechung unbestritten ist. Als Grundsatz kann festgehalten werden, dass die aus einer Lebensversicherung zu zahlende Ausschüttung nicht in die Erbmasse fällt, wenn ein Begünstigter vorhanden ist, der ein eigenes Forderungsrecht gemäss Versicherungsvertragsgesetz hat. Fehlt eine solche ausdrückliche Begünstigung, fällt das Guthaben in den Nachlass.

Im vorliegenden Beitrag sollen daher die erbrechtlichen Folgen in Bezug auf die gebundene Vorsorge (Säule 3a) skizziert werden. Hierbei handelt es sich um Guthaben bei vom Gesetzgeber anerkannten Vorsorgeformen (Versicherungseinrichtungen oder Bankstiftungen), an welche unter gewissen Voraussetzungen und bis zu einer bestimmten jährlichen Höchstgrenze steuerlich abzugsfähige Beiträge geleistet werden können. Da steuerlich attraktiv, ist diese Form der privaten Vorsorge stark verbreitet, auch wenn die einbezahlten Beiträge – mit restriktiven Ausnahmen eines möglichen Vorbezugs – bis zum Eintritt des Vorsorgefalls (Alter, Tod oder Invalidität) gebunden bleiben und daher kein frei verfügbares Vermögen darstellen.

Häufig sind sich die Vorsorgenehmer jedoch nicht bewusst, was mit ihrem Guthaben geschieht, sollten sie vor Erreichen der Altersgrenze versterben. Diese Frage ist bis heute denn auch bedauerlicherweise in Lehre und Rechtsprechung nicht abschliessend bzw. befriedigend geklärt, sondern vielmehr mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet. So besteht in Lehre und Rechtsprechung zwar Einigkeit darüber, dass das Guthaben bei einer Versicherungseinrichtung der Säule 3a nicht in den Nachlass fällt und auf dieses Guthaben einzig und allein die Anordnung der begünstigten Personen gemäss der massgebenden Verordnung (BVV 3) anwendbar ist. Diese Personen haben gestützt darauf – unabhängig ihrer Erbenstellung – einen direkten Anspruch der Vorsorgeeinrichtung gegenüber. Häufig nicht bekannt ist dabei, dass diese Anordnung der begünstigten Personen nicht mit der gesetzlichen Anordnung der erbberechtigten Personen identisch ist. Hinterlässt der Erblasser beispielsweise einen überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Partner und Kinder so ist der überlebende Ehegatte in jedem Fall die einzige begünstigte Person, wogegen seine Kinder nebst dem überlebenden Ehegatten auch seine gesetzlichen (pflichtteilsgeschützten) Erben sind. In diesem Fall hat demnach alleine der überlebende Ehegatte einen direkten Anspruch auf Auszahlung des Guthabens bzw. der Versicherungssumme. Die Kinder werden nur – aber immerhin – dadurch geschützt, als „die Versicherung“ mit ihrem Rückkaufswert bei der Berechnung der Pflichtteile zu berücksichtigen ist.

Noch komplexer gestaltet sich die Situation in Bezug auf die gebundene Vorsorge bei einer Bankstiftung. Diesbezüglich nämlich vertritt die mittlerweile herrschende Lehre die Auffassung, dass ein solches „Sparguthaben“ bei der Bankstiftung in den Nachlass fällt und daher die erbrechtlichen Regelungen zum Zuge kommen sollen und nicht die Anordnung der begünstigten Personen gemäss BVV 3. Dies hätte beispielweise zur Folge, dass eine als Alleinerbe eingesetzte Person auch alleine das Vorsorgeguthaben erhalten würde unabhängig davon, ob sie gemäss BVV 3 zu den begünstigten Personen gehört und allenfalls noch andere begünstigte Personen vorhanden wären. Bedauerlicherweise hat sich das Bundesgericht bis zum heutigen Tage nicht klar dieser Auffassung anschliessen können, sondern hält lediglich fest, dass ein solches Banksparguthaben der Säule 3a nicht zwingend in den Nachlass fallen müsse, aber für die Berechnung der Pflichtteile relevant sei. Dies entspricht einer analogen Vorgehensweise, wie sie vorstehend in Bezug auf das Guthaben bei der Versicherungseinrichtung erörtert wurde. Unter Bezugnahme auf den von ihm erwähnten Entscheid äusserte das Bundesgericht jedoch in seinem Geschäftsbericht aus dem Jahre 2014 angesichts der erheblichen Kritik an seiner soeben skizzierten Rechtsprechung in der massgebenden Lehre den klaren Wunsch, das Verhältnis von Vorsorgeguthaben der Säule 3a zur Erbmasse solle im Rahmen eines formellen Gesetzes geregelt werden. Eine solche explizite Regelung ist im Zuge der aktuell sich im Gange befindenden Revision des Erbrechts zu erwarten, wobei der zwischenzeitlich vorgelegte Vorentwurf sämtliche Leistungen von Vorsorgeeinrichtungen, also auch diese bezüglich der gebundenen Vorsorge, von der Erbschaft ausschliessen will. Ob diese Regelung angesichts der heutigen herrschenden Lehre tatsächlich so im Gesetz aufgenommen wird, bleibt offen.

Im Sinne eines Fazits ist festzuhalten, dass bei der Nachlassplanung immer auch ausdrückliche Anordnungen in Bezug auf die private Vorsorge der Säule 3a in die Überlegungen mit einzubeziehen sind. Ansonsten kann es geschehen, dass beispielsweise ein Alleinerbe nichts von einem namhaften Guthaben der Säule 3a erhält, sondern ein vom Erbe ausgeschlossenes Geschwister, welches gemäss BVV 3 einzige begünstigte Person ist. Eine solche – mit Sicherheit nicht beabsichtigte Folge – gilt es durch die richtigen Anordnungen in der korrekten Form zu verhindern.

 

 

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