Die erbrechtliche Behandlung der Säule 3a nach der Erbrechtsrevision per 1. Januar 2023

Claudia Stehli, Advokatin und Notarin

Im Dezember 2017 habe ich in einem kurzen Aufsatz die erbrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit den Guthaben aus der gebundenen Vorsorge 3a dargelegt. Bereits im damaligen Zeitpunkt wurde die Revision des Erbrechts diskutiert. Heute nun steht fest, dass per 1. Januar 2023 das revidierte Erbrecht in Kraft treten wird. Im Zuge dieser Erbrechtsrevision werden nicht nur einige einschneidende materielle Anpassungen des Erbrechts erfolgen, wie beispielsweise des Pflichtteilsrechts, sondern werden auch einige Unklarheiten, welche sich im Verlaufe der Jahre in Lehre und Rechtsprechung ergeben hatten, mit klaren Regelungen definitiv geklärt.

Eines dieser nach aktuellem Recht noch offenen Problemfelder betrifft die erbrechtliche Behandlung der Guthaben aus der gebundenen Vorsorge der Säule 3a. So ist heute zwar unbestritten, dass entsprechende Vorsorgeguthaben bei einer Versicherungseinrichtung der Säule 3a nicht in den Nachlass fallen. Anders verhält es sich jedoch nach aktuellem Recht bezüglich der Vorsorgeguthaben bei einer Bankstiftung. Unter dem Regime des aktuellen Rechts vertritt die herrschende Lehre die Ansicht, dieses Guthaben falle in den Nachlass des Erblassers und begünstigte Personen könnten keinen direkten Anspruch geltend machen. Das Bundesgericht hat diese Frage bis heute nicht abschliessend geklärt, sondern vielmehr auf den Gesetzgeber verwiesen, welcher diese Frage zu klären habe.

Mit der am 1. Januar 2023 in Kraft tretenden Erbrechtsrevision kommt der Gesetzgeber dieser Aufforderung nun nach. Demnach werden Vorsorgeguthaben der Säule 3a – sowohl solche bei einer Versicherungseinrichtung als auch solche bei einer Bankstiftung – künftig gleichbehandelt, indem beide Guthaben nicht in den Nachlass fallen, sondern gemäss Art. 82 Abs. 4 BVG die aus einer anerkannten Vorsorgeform Begünstigten einen eigenen Anspruch auf die ihnen daraus zugewiesene Leistung haben. Die Versicherungseinrichtung oder die Bankstiftung zahlt diese den Begünstigten aus. Demnach ist klar, dass die Auszahlung an die Begünstigten ohne Zustimmung der Erben erfolgen kann, ja sogar muss.

Weiterhin sind die Guthaben der Säule 3a jedoch für die Berechnung der Pflichtteilsrechte relevant. Der ab 1. Januar 2023 in Kraft tretende Art. 476 ZGB hält dazu explizit fest, dass Versicherungsansprüche mit ihrem Rückkaufswert im Zeitpunkt des Todes des Erblassers zu dessen Vermögen hinzugerechnet werden. Ansprüche von Begünstigten aus der gebundenen Selbstvorsorge des Erblassers bei einer Bankstiftung werden ebenfalls zum Vermögen des Erblassers hinzugerechnet. Gemeint ist damit aber ausschliesslich eine Hinzurechnung im Hinblick auf die Berechnung eventueller Pflichtteile. Demnach unterliegen solche Ansprüche klarerweise nicht der Ausgleichung.

Diese begrüssenswerte Klarstellung des Gesetzgebers führt dazu, dass das Institut der gebundenen Selbstvorsorge der Säule 3a in der einen oder anderen Form ein taugliches, weil nun planbares, Mittel in der Nachlassplanung eingesetzt werden kann. Inwieweit ein solches Mittel im gegebenen Fall sinnvoll erscheint, ist in der individuellen Beratung zu klären.

 

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